Hochgebirge

Die Alpen sind in Mitteleuropa trotz des immer weiter ausufernden Tourismus und der dafür durchgeführten Zerstörungen (Lifte, Hotels, Hütten, Zufahrtsstraßen, Lawinenverbauungen, Pistenplanierungen, künstliche Beschneiungsanlagen) sowie trotz der immer intensiver werdenden landwirtschaftlichen Nutzung (Düngung auch in Hochlagen, zu intensive Beweidung, Forstwirtschaft) immer noch die letzten großräumigeren Rückzugsgebiete für Biotope wie Magerrasen, Felshänge, extensive Weiden, Bachfluren usw. und ihre Bewohner.
In den Hochgebirgen ist eine deutliche Höhenzonierung festzustellen. Die Bergwaldstufe (montane und subalpine Stufe) reicht bis zur Waldgrenze, in den Nordalpen bis in etwa 1800 m NN, in den südlichen Zentralalpen hingegen bis etwa 2200-2300 m NN (Massenerhebungseffekt sowie Klima). Durch Rodung und Beweidung verläuft die tatsächliche Waldgrenze heute meist etwas unterhalb der klimatisch bedingten Waldgrenze. Danach schließt sich oft eine Krummholzzone mit Latschen, Grünerlen, Weiden und krüppeligen Bäumchen (Lärchen, Fichten etc.) und Arten des darüberliegenden Zwergstrauchgürtels an (Ericaceen wie Rhododendron: Alpenrosen). Mit diesem verzahnt und diesen nach oben hin ablösend, heute durch Beweidung aber auch schon in der Bergwaldstufe anzutreffend, ist die Mattenregion mit alpinen Magerrasen (alpine Stufe). In der nivalen Zone schließlich, die etwa oberhalb von 2600 (Nordalpen) bis 3100 m NN (stellenweise in den südlichen Zentralalpen) liegt, finden sich zwischen Felsen und Steinschutt nur mehr fleckenartige Vegetationsstücke mit Gräsern und Polsterpflanzen. Die Grenze des Tagfalterlebens (bodenständige Populationen) deckt sich in etwa mit der Schneegrenze (untere Grenze der nivalen Stufe). Darüber können nur noch Psychiden und ganz vereinzelt andere Nachtfalter vorkommen.

Einige Abbildungen (Klicken Sie bitte für eine Vergrößerung):

alpiner Magerrasen mit zeitweilig wasserführendem Bach Raupe von Parnassius phoebus alpiner Steppenrasen im Wallis Lichter Wald mit Magerrasen im Lechtal in ca 1000 m NN Montane lichte Wälder und Felsen am Alpennordrand Felsen und Abwitterungshalden auf Kalk Silberwurzflur im Bereich der vorhergehenden Abbildung im Sommer Zentralalpine Schuttflur (nicht-basisch) im Silvrettagebiet Schuttflur in knapp 3000 m NN im Wallis Magerrasenhänge mit Bachtal in den Alpi marittime Die xerothermen Kalkhänge der Kanisfluh Trockene und sonnige Hänge im südösterreichischen Nockalmgebirge Hochgebirgsmatten auf der Walliser Täschalpe Bewässerung von ehemals trockenen Weiden in über 2000m NN im Wallis

Bergwälder
Die Bergwälder sind gekennzeichnet durch einen grasreichen Unterwuchs und sind demnach im allgemeinen relativ licht, saumreich und oft von Lichtungen durchsetzt. Diese Struktur verdanken sie verschiedenen Faktoren. Zum einen natürlichen wie Erdrutschen, Lawinenzügen und der verminderten Wüchsigkeit infolge des kühleren Klimas und oft flachgründiger Böden. Zum anderen spielen aber auch Weidetiere (wilde und die des Menschen) eine große Rolle. Die Alpen sind in Mitteleuropa eine der letzten Regionen, wo noch nicht überall eine strikte Wald/Weide-Trennung durchgeführt wird (siehe Wälder). In diesen saumreichen Bergwäldern kommen viele Tagfalter vor, besonders Erebien (E. ligea, aethiops, euryale, aber auf Lichtungen oberhalb von etwa 900 m NN auch Arten wie E. oeme, E. pronoe oder E. melampus), weitere Augenfalter (Lasiommata maera und petropolitana), der Baumweißling (Aporia crataegi, an Eberesche) und Perlmutterfalter (Argynnis aglaja, adippe, niobe und Boloria euphrosyne, titania und thore).

Zwergstrauchgürtel, Krummholzzone
Diese Zone ist gekennzeichnet durch niedrige Gehölze von wenigen Zentimeter bis 2 m Höhe. An feuchten Stellen sind oft Grünerlenbestände anzutreffen, an trockenen und kalkhaltigen hingegen Latschen. Ansonsten sind die Alpenrosenbestände typisch (R. ferrugineum auf sauren und R. hirsutum auf basischen Böden). Weitere Gruppen sind Weiden, Heidelbeeren bis hin zu bodendeckenden Zwergsträuchern wie die Gamsheide. Dazwischen ist oft Platz für Blütenstauden wie Alpendost und andere Stauden. Typische Arten dieser Region sind an üppigeren Stellen Euphydryas intermedia (an Lonicera caerulea, sehr lokal), Erebia pharte, E. euryale, E. eriphyle und an sauren, eher flachgründigen Stellen der Zentralalpen Plebeius optilete und Colias palaeno. Immer häufig ist im Krummholz- und Zwergstrauchgürtel die Glucke Lasiocampa quercus.

Matten
Hierunter sind die teils natürlichen, teils weidebedingten, mehr oder weniger als Magerrasen ausgebildeten und oft sehr blütenreichen Flächen zu verstehen. Das Arteninventar ist oft je nach Untergrund unterschiedlich (Kalk oder Urgestein). So kommen einige Pflanzen wie der Hufeisenklee und seine Begleiter (Zygaena transalpina, Polyommatus coridon, Colias alfacariensis etc.) nur auf basischen Böden vor. Einige Schmetterlingsarten können auch nahe verwandte Pflanzenarten beider Untergrundarten nutzen. So belegt der Bläuling Polyommatus glandon auf Kalk den Mannsschild Androsace chamaejasme, im sauren Bereich hingegen A. obtusifolia. Insgesamt sind kalkreiche Matten oft artenreicher. Mehr im sauren Bereich lebt dagegegen beispielsweise Erebia epiphron (oft Nardus-Arnica-Wiesen). Die Magerrasen beherbergen insgesamt den größten Teil der alpinen Tagfalterfauna (u.a. Lycaenidae, Pyrgus-Arten, Melitaea sp., Boloria sp., Erebia sp., Coenonympha sp., aber auch viele Geometridae, Noctuidae, Arctiidae wie Grammia quenselii und Parasemia plantaginis).

Felsen, Schuttfluren
Diese Lebensraumtypen sind in Hochgebirgen naturgemäß recht großflächig verteten und weisen zahlreiche angepaßte Arten auf. In Felsfluren der montanen und subalpinen Stufe leben beispielsweise der Apollo-Falter, die Erebia-Arten E. styx, E. montana, verschiedene Gnophos-Arten (Geometridae) und Noctuiden. Schutthalden hingegen weisen eine etwas abweichende Artenzusammensetzung auf. Hier sind Tagfalter oft auffallend selten, aber dennoch mit Erebia gorge und E. pluto vertreten. Wo in der Schuttflur feinsubstratreiche Stellen vorkommen, finden sich auch die Raupen des Weißlings Pontia callidice recht regelmäßig. Unter den Nachtfaltern sind Eulenfalter (etwa Standfussiana lucernea), Spanner und Bärenspinner (Arctia flavia, Holoarctia cervini, aber auch bis in über 2700 m NN Phragmatobia fuliginosa) zu erwähnen. Diese Arten nutzen die Wärmespeicherung von flachen Steinplatten, die oft bis weit in die Nacht die gespeicherte Sonnenenergie wieder abgeben. So halten sich die Raupen etwa zur Häutung bevorzugt unter den Steinen auf, wo oft auch die Verpuppung statfindet.

Sonderstandorte
Hierunter fasse ich Lägerfluren, Bachufer, alpine Moore und zeitweise überflutete Wiesen zusammen. Lägerfluren sind alpine Hochstaudenfluren an besonders nährstoffreichen und meist auch feuchten Stellen, die teilweise auch durch das Lagern des Viehs (Nährstoffanreicherung durch Kot) entstanden sind. Typische Arten sind Brennesseln, Eisenhut, Alpenampfer und Alpen-Kreuzkraut. Für Schmetterlinge sind sie hauptsächlich als Nektarhabitat und Revier zur Partnerfindung interessant. Einige Arten entwickeln sich auch in Lägerfluren, so der Kleine Fuchs.

Bäche, Rieselfluren und auch nur zeitweilig wasserführende Schmelzwasserabflüsse sind einerseits als Revierplatz interessant und beherbergen andererseits auch den Hochalpen-Apollo (Parnassius phoebus, Larvalhabitat).
Hochalpine Moore und Überflutungswiesen sind für Tagfalter meist nur als Revierplätze (etwa für Pyrgus-Arten) interessant. Eine Larvalentwicklung findet auch bei Arten wie Boloria napaea und Pyrgus cacaliae mehr in trockenen angrenzenden Bereichen statt.

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