Raupennahrungspflanzen:
Die Eier werden an Potentilla-Arten abgelegt, so insbesondere an Potentilla neumanniana (Frühlings-Fingerkraut = P. verna = P. tabernaemontani) und Potentilla pusilla.
Lebensraumansprüche:
Pyrgus cirsii besiedelt großflächige Kalk-Magerrasen mit xerothermen und niedrigwüchsigen, oft von flachen Felsen durchsetzten Stellen. Pyrgus cirsii benötigt bodenoffene oder nur von Moosen und Flechten bewachsene Stellen mit dem Boden aufliegenden Potentilla-Polstern zur Larvalentwicklung.
Entwicklungszyklus:
Pyrgus cirsii hat als Besonderheit immer sechs Larvalstadien (5 Häutungen). Diese Art weist eine verzögerte Raupenentwicklung auf. Die Überwinterung erfolgt als fertig ausgebildete Raupe innerhalb der Eihülle von August oder September bis Ende Februar oder März. 2010 beobachtete ich auf der Ostalb am 20.03. nach etwa einer Woche Tauwetter (kalter, langer Winter) 12 Eier, von denen 3 bereits geschlüpft waren und eines gerade am Schlüpfen war (vgl. Photos). Die Eiablage findet meist auf der Blattunterseite (sehr selten auch Blattoberseite) oder manchmal auch am Blattstiel, an Moos oder Flechten statt. Die Raupe lebt von Februar/März bis Juli. Die Falterflugzeit liegt im August und September (nur sehr selten erste Männchen schon Ende Juli). 2013 wurden auf der Ostalb noch Ende September Falter gefunden (Frau Fähnle), so dass die Flugzeit manchmal bis Anfang Oktober reichen dürfte.
Die erwachsene Raupe ruht, nun von grün nach rotbraun verfärbt, im Juli für etwa 2-4 Wochen in einem Gehäuse am Boden, ehe sie (ob immer?) ein neues Gehäuse zur Verpuppung anfertigt. Sie kann sich nur an heißen Stellen mit geringer Deckung an Gräsern und Kräutern, aber oft hoher an Moosen und Flechten, entwickeln. In dicht- und hochwüchsiger Vegetation erfolgt keine Eiablage. Angebliche Raupenfunde im Elsaß (SBN 1997) in solcher Position sind Verwechslungen mit P. malvae (siehe Abb. der erwachsenen Raupe bei SBN 1997 --> P. malvae). Auch die Angabe bei Bink & Weidemann (1996), Pyrgus cirsii brauche frische Stellen mit P. reptans innerhalb der Trockengebiete, ist zumindest in Mitteleuropa falsch.
Gefährdung: vom Aussterben bedroht
Gefährdungsursachen:
Dieser Dickkopffalter wird in Deutschland langfristig möglicherweise aussterben. Habitatschwund durch Eutrophierung (Stickstoffdeposition aus der Luft, Landwirtschaft), Rückgang der Wanderschäferei, Verbuschung, Überbauung, Zerstückelung und Isolation haben Pyrgus cirsii in Deutschland fast und in der Schweiz und Österreich bereits völlig ausgerottet.
Allerdings zeigen sich am letzten Fundort der Schwäbischen Alb nach umfangreichen Pflegemaßnahmen erste deutliche Erholungstendenzen, wenn hier auch die oft zu geringe Beweidungsintensität langfristig noch nicht zur Erhaltung bzw. Erweiterung des Larvalhabitats ausreichen dürfte. Die besten Larvalhabitate liegen dort an flachgründigen Stellen, wo der anstehende Fels eine Etablierung zu dichter Vegetation noch verhindern kann.
Zur Ausweitung des Larvalhabitats wären Zusatzmaßnnahmen (stellenweiser Oberbodenabtrag an geeigneten Stellen nach Abklärung mit einem Spezialisten, nicht an bisher schon als Larvalhabitat genutzten Stellen) zu überlegen. Das langfristige Überleben kann nur durch eine regelmäßige Wanderschäferei (nicht zur Flugzeit) und ausreichend Larvalhabitat (Erosionsflächen, mageres, extrem niedrigwüchsiges, trockenes und sonniges Gelände) gewährleistet werden. Letzterem steht die fortwährende Eutrophierung aus der Luft, ersterem Faktor hingegen monetäre und soziale Aspekte entgegen.
Bemerkungen:
Pyrgus cirsii ist südwesteuropäisch verbreitet. Etwas häufiger ist sie nur auf der Iberischen Halbinsel und in der Provence. In Mittelfrankreich und Deutschland ist sie fast völlig verschwunden. Die Ostgrenze des Vorkommens liegt in Deutschland (Bayern) und Vorarlberg (in letzterem Gebiet nur historisch).
Abgetrennt davon gibt es auch Nachweise aus der Türkei in der Literatur, die sich aber vermutlich auf andere Taxa beziehen, so dass Pyrgus cirsii als endemisch in Westeuropa gelten kann.
Hinweise zur Bestimmung:
Pyrgus cirsii kann nördlich der Alpen am ehesten mit Pyrgus alveu oder der zweiten oder dritten Generation von P. armoricanus verwechselt werden. Im Südwesten kommen noch Pyrgus bellieri und P. cinarae (nur lokal in Spanien) hinzu. Die besten Unterscheidungsmerkmale sind die weißlich hervortretenden Adern der Hinterflügelunterseite in Kombination mit der hier oft rötlichen Färbung, die im Vergleich zu P. armoricanus robustere Statur der Falter und der oft rechteckig-breite Fleck im zerntralen Bereich der Vorderflügeloberseite.
Ein vager Hinweis (ähnlich auch bei anderen Arten möglich) ist auch die vor allem bei den Männchen oft sehr klare Zeichnung der Hinterflügeloberseite. Es muss allerdings betont werden, dass keine wirklich sichere Bestimmung allein anhand von Falterphotos möglich ist, da alle Merkmale auch bei anderen Arten auftreten können (namentlich P. alveus). An unbekannten und unbearbeiteten Lokalitäten sollten somit einzelne Belegexemplare für eine Genitaluntersuchung gesichert werden (bitte lokale Gesetze beachten). Mit viel(!) Erfahrung lassen sich die Falter aber im Freiland zumeist ganz gut zuordnen.